Inklusion im Arbeitsleben und die neue ganzheitliche Teilhabeplanung Arbeit
Die wichtigsten Fragen und Antworten
Menschen mit Behinderungen haben ein Recht auf Arbeit. Das bekräftigt auch die UN-Behindertenrechtskonvention noch einmal, die seit 2009 in Deutschland gilt. Konkret heißt das: Alle Menschen sollen die Möglichkeit haben, ihren Lebensunterhalt durch eigene Arbeit zu verdienen. Nach der Vorstellung der Konvention soll der Arbeitsmarkt offen, inklusiv und für Menschen mit Behinderungen zugänglich sein.
Zur Inklusion im Arbeitsleben
Antwort:
Viele Unternehmen oder öffentliche Organisationen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, wie zum Beispiel der LWL, beschäftigen sozialversicherungspflichtig Menschen mit Schwerbehinderung. Im Jahr 2021 waren das rund 1,11 Millionen Arbeitsplätze in Deutschland. Allerdings waren dennoch 11,2 Prozent der Menschen, die eine Schwerbehinderung haben, arbeitslos. Im Jahr 2023 waren 166.000 Menschen mit Schwerbehinderung in Deutschland arbeitslos und damit rund 2.000 mehr als im Jahr zuvor. Zum Vergleich: Die Arbeitslosenquote von Menschen ohne Schwerbehinderung lag in Deutschland im selben Zeitraum bei rund fünf Prozent.
Neben dem allgemeinen Arbeitsmarkt bieten die Werkstätten für Menschen mit Behinderung weitere Möglichkeiten, am Arbeitsleben teilzuhaben. Hier sind Menschen beschäftigt, die nicht, noch nicht oder noch nicht wieder auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt arbeiten können. Die Werkstätten haben den Auftrag, allen Beschäftigten eine Aufgabe zu geben, die deren Fähigkeiten und Talenten entspricht. Außerdem sollen sie Menschen mit Behinderung beruflich (fort-)bilden und den Übergang auf den allgemeinen Arbeitsmarkt besonders fördern.
Für diesen Übergang setzt sich auch der LWL ein. Denn: Alle Menschen sollten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt arbeiten können, so, wie es die UN-Behindertenrechtskonvention fordert. Ein Baustein auf dem Weg dorthin ist das LWL-Budget für Arbeit. Es hilft dabei, Menschen mit Behinderung den Weg auf den allgemeinen Arbeitsmarkt zu erleichtern.
Antwort:
Mit einem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplatz auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt können Menschen mit Behinderungen selbstbestimmt leben, aus eigener Kraft ihren Lebensunterhalt verdienen und für die Zukunft planen – genau das ist für Menschen ohne Behinderung oft eine Selbstverständlichkeit.
Im Sinne der Inklusion soll dieser Weg allen Menschen – unabhängig von der Art und Schwere der Beeinträchtigung – offen stehen, alle sollen ihren Arbeitsplatz frei wählen können. Ein solcher inklusiver Arbeitsmarkt schafft mehr Gleichberechtigung – für den einzelnen Menschen, aber auch innerhalb der Gesellschaft.
Nicht zuletzt hat es auch für die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber viele Vorteile, Menschen mit Behinderung einzustellen: Eine vielfältige Belegschaft ist eine Bereicherung für die Arbeit und gut für das Betriebsklima, sie macht das Unternehmen attraktiver für Kundinnen und Kunden und ist ein Plus im Wettbewerb um Fachkräfte.
Antwort:
Teilhabe bedeutet, dass Menschen mit Behinderung am gesellschaftlichen Leben ebenso teilnehmen können wie Menschen ohne Behinderung. Ein wichtiger Bereich dieses gesellschaftlichen Lebens ist die Arbeit. Sie soll aber nicht in einer Sonderwelt, sondern in der Mitte der Gesellschaft stattfinden. Der Arbeitsalltag bietet allen Menschen eine Tagesstruktur und soziale Kontakte zu Arbeitskolleginnen und -kollegen – das ist für Menschen mit und ohne Behinderung gleichermaßen wichtig. Und zu einer umfassenden und gleichberechtigten Teilhabe am Arbeitsleben gehört ebenso, sich einen Beruf aussuchen und diesen ungehindert ausüben zu können. Dazu ist es wichtig, dass der allgemeine Arbeitsmarkt inklusiver wird und Menschen mit Behinderungen mehr Chancen erhalten.
Damit das künftig besser funktioniert als bisher, regelt das Bundesteilhabegesetz (BTHG), dass Teilhabe und Selbstbestimmung für Menschen mit Behinderung in allen Lebensbereichen gestärkt und Antragsverfahren vereinfacht werden müssen.
Zur neuen ganzheitlichen Teilhabeplanung Arbeit
Antwort:
Das LWL-Inklusionsamt Arbeit nimmt die Verpflichtung aus dem BTHG, die leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben am individuellen Bedarf auszurichten und mehr zu steuern, ernst und hat von 2020 bsi 2022 ein Modellvorhaben zur neuen Teilhabe am Arbeitsleben durchgeführt. Alle Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben – egal ob in einer Werkstatt oder auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt – werden zusammengeführt.
Das Neue daran ist der ganzheitliche Ansatz. Es geht darum, individuell mit den Menschen mit Behinderung zu erarbeiten, welche Möglichkeiten und Ziele sie bezüglich ihrer Arbeit haben. Jeder Mensch soll die Arbeitsstelle oder die Aufgabe finden, die zu ihr oder ihm passt. Das kann entweder dauerhaft oder übergangsweise in einer Werkstatt oder auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sein. Ein Ziel des Modellprojekts ist es, dass mehr Menschen mit Behinderung von der Werkstatt auf den allgemeinen Arbeitsmarkt wechseln. In vielen Fällen können bereits im Vorfeld Alternativen zu Werkstatt gefunden werden, zum Beispiel mit einer unterstützten Beschäftigung oder mit einer Stelle, die durch die Agentur für Arbeit mit einem Budget für Ausbildung oder mit dem LWL-Budget für Arbeit gefördert wird.
Dabei stehen zum Beispiel folgende Fragen im Fokus:
- Wie ist die Lebens- und Wohnsituation? Welche familiären und sozialen Bezüge gibt es? Was braucht dieser Mensch – nicht nur jetzt, sondern auch in Zukunft?
- Wie kann und möchte sie oder er sich weiterentwickeln?
- Welche Fähigkeiten, Talente und Wünsche hat die Person?
- Welchen beruflichen Weg könnte sie oder er am besten einschlagen, in welchem Job die persönlichen Fähigkeiten und Stärken besonders gut einsetzen?
- Wie könnten oder sollten die Lebensumstände – zum Beispiel die Wohnung oder der Weg zur Arbeit – so angepasst werden, dass der Arbeitsalltag gut funktioniert?
- Was kann und sollte gezielt gefördert und entwickelt werden?
Im Rahmen des ganzheitlichen Ansatzes wird also nicht nur der konkrete Arbeitsplatz in den Blick genommen, sondern das gesamte Arbeits- und Lebensumfeld. Wenn ein Mensch zum Beispiel allein lebt und im Alltag Unterstützung braucht, werden die Kolleginnen und Kollegen des LWL-Inklusionsamtes Soziale Teilhabe informiert und aktiv.
Der LWL hat gut zwei Jahre in sechs Modellregionen (siehe unten) diese sogenannte ganzheitliche Teilhabeplanung Arbeit entwickelt und erprobt. Außerdem wurden die örtlichen Netzwerke in den Modellregionen besser genutzt und ausgebaut. Der LWL arbeitet hierzu eng mit den Werkstätten, den Integrationsfachdiensten, den Fachstellen für Menschen mit Behinderung im Beruf, den Arbeitsagenturen und weiteren Akteurinnen und Akteuren auf dem Arbeitsmarkt zusammen. Das Projekt wurde wissenschaftlich begleitet, um die gewonnenen Erkenntnisse später auf ganz Westfalen-Lippe übertragen zu können.
Antwort:
Alle Menschen mit (Schwer-)Behinderung. Sie sollen durch die ganzheitliche Teilhabeplanung Arbeit künftig optimal auf ihrem Weg unterstützt werden.
Weil sich eine Veränderung in einem Lebensbereich jedoch oft auch auf einen anderen auswirkt, schaut der LWL im Rahmen der sogenannten Gesamtplanung zudem, ob er auch abseits des Bereichs Arbeit unterstützen kann. Wenn ein junger Mensch zum Beispiel eine Ausbildung beginnt, entsteht häufig auch der Wunsch, nicht mehr bei den Eltern, sondern selbständig zu wohnen. In solchen Fällen wird das LWL-Inklusionsamt Soziale Teilhabe gezielt in den Prozess einbezogen. Das Modellprojekt wird also auch dazu genutzt, an konkreten Beispielen neue, gut verzahnte Verfahren und Abläufe zu entwickeln, von denen später alle profitieren.
Antwort:
Die „Neue Teilhabeplanung Arbeit“ wurde von 2020 bis 2022 in Bochum, Hamm und Münster sowie in den Kreisen Herford, Siegen-Wittgenstein und Warendorf erprobt. So konnte der LWL sowohl in größeren Städten als auch in eher ländlich geprägten Orten in ganz Westfalen-Lippe Erfahrungen sammeln und diese später auf alle Städte und Kreise in der Region übertragen.
Das LWL-Inklusionsamt Arbeit arbeitete in den Modellregionen intensiv mit seinen Partnerinnen und Partnern zusammen. Das sind die Werkstätten für Menschen mit Behinderungen, aber auch Förderschulen, Integrationsfachdienste, die Fachstellen für Menschen mit Behinderung im Beruf bei den Kreisen und Städten, die Agentur für Arbeit oder Jobcenter.
In Zukunft sollen diese Netzwerke weiter ausgebaut und weitere Akteurinnen und Akteure, etwa Kammern, die lokale oder regionale Wirtschaftsförderung oder Arbeitgeber- und Selbsthilfeverbände eingebunden werden.
Antwort:
Von 2020 bis 2022 wurde in den drei Städten und drei Kreisen testweise erprobt, wie eine ganzheitliche Teilhabeplanung Arbeit am besten funktionieren kann. Der LWL hat dabei in seiner Rolle als Eingliederungshilfeträger die wichtige Aufgabe, Prozesse zielgerichtet zu steuern und dabei auch zu überprüfen, ob bestimmte Maßnahmen die gewünschte Wirkung entfalten. Deshalb war es für den LWL ein wichtiger Teil des Modellprojekts, herauszufinden, wie er mit den verschiedenen Leistungsträgern optimal zusammenarbeiten und die bisher getrennten Systeme besser miteinander verzahnen kann.
Zwei Beispiele, wie diese Arbeit in der Umsetzung aussehen kann:
1.)
In Workshops kommen alle Beteiligten an einen Tisch und erarbeiten gemeinsam Ansätze, um die Talente und Fähigkeiten des jeweiligen Menschen mit Behinderung in einer Werkstatt zu erkennen und zu fördern. Anschließend startet entweder dort eine passende Beschäftigung, bei der Menschen mit Behinderung weiter begleitet und gefördert werden – oder der Übergang von der Werkstatt auf den allgemeinen Arbeitsmarkt wird vorbereitet, umgesetzt und im besten Fall nachhaltig gesichert.
Praktika und Außenarbeitsplätze sind eine gute Möglichkeit, den allgemeinen Arbeitsmarkt kennenzulernen. Parallel wird frühzeitig geprüft, welche begleitenden und unterstützenden Maßnahmen sinnvoll sein könnten, damit ein Übergang auch langfristig erfolgreich ist. Das kann ein begleitendes Jobcoaching sein, aber auch der Einsatz des Technischen Beratungsdienstes des LWL-Inklusionsamts Arbeit. Dieser überprüft vor Ort, ob und wie ein Arbeitsplatz noch besser und auf die jeweils individuelle Behinderung angepasst gestaltet werden könnte. In den Modellregionen werden also unterschiedliche Methoden und Instrumente ausprobiert.
2.)
Damit die Werkstätten, die Integrationsfachdienste und der LWL gut und zielgerichtet zusammenarbeiten und „an einem Strang“ ziehen können, werden die schon bestehenden Netzwerke in den Regionen ausgebaut – zum Beispiel durch regelmäßige Treffen der verschiedenen Akteure im Rahmen von Inklusionskonferenzen oder Netzwerktreffen. So können sie sich gegenseitig und ihre Arbeit besser kennenlernen, sich austauschen und vertrauensvoll zusammenarbeiten. Das Ziel ist, dass sich alle gemeinsam für eine gelingende Teilhabe am Arbeitsleben verantwortlich fühlen und nicht Zuständigkeiten oder Verantwortung hin- und herschieben.
3.)
Das Modellprojekt wurde prozessbegleitend durch ein externes Beratungsunternehmen evaluiert. So konnten schon im Lauf der Modellzeit Erfolge und Erkenntnisse einzelner Regionen auf andere übertragen werden. Zudem wurden Erfolgsfaktoren, Methoden und Instrumente analysiert und Schritt für Schritt optimale Strukturen, Formate und Prozesse erarbeitet.
Antwort:
Ziel erreicht: Das Modell wirkt!
Aus den vier zentralen Handlungsfeldern des Modellvorhabens
- Gesamt- und Teilhabeplanung
- Ganzheitliches Fallmanagement
- Übergangsprozesse und -förderung
- Netzwerke
haben sich folgende Erfolge und Erkenntnisse als bedeutsame Faktoren herausgestellt:
Etablierung von Formaten und Prozessen für eine personenzentrierte Teilhabeplanung
Mit dem Inkrafttreten des Bundesteilhabegesetzes (BTHG) verband sich ab dem 01.01.2018 auch die rechtliche Verpflichtung weg von einem zuvor eher von den Leistungserbringern gesteuerten und hin zu einem personenzentrierten Ansatz in der Eingliederungshilfe und somit auch bei der Teilhabe am Arbeitsleben. Dies hätte auch ohne und unabhängig von dem LWL-Modellvorhaben inhaltliche Veränderungen in der Aufgabenwahrnehmung und zusätzliche Personalressourcen erfordert, um Prozesse, Formate und Instrumente für die durch das BTHG eingeführten Teilhabe- und Gesamtplanverfahren zu entwickeln und zu etablieren
In den sechs Modellregionen konnte zum einen aufgrund eines deutlich verbesserten Personalschlüssels in der Teilhabeplanung die personenzentrierte Bedarfsermittlung mittels des NRW-weit genutzten Bedarfsermittlungsinstrumentes (BEI_NRW) etabliert werden. Zielgerichtet wurden in persönlichen Gesprächen mit den Werkstattbeschäftigten deren Bedarfe rund um das Thema Arbeit ermittelt. Dadurch konnten an BEI_NRW Anpassungen und Konkretisierungen für den Teilhabebereich Arbeit vorgenommen werden.
Zum anderen wurden im Laufe der Modellzeit zusammen mit den WfbM diverse Instrumente und Formate (wie systematische Überprüfung der Außenarbeitsplätze auf potentielle Übergänge, Etablierung von Inklusionskonferenzen in der Werkstatt, sozialplanerisches Gremium („Fachausschuss 2.0“)) entwickelt. Diese erwiesen sich als hilfreich und zielführend. Persönliche Kontakte zwischen LWL-Teilhabeplanung und WfbM-Beschäftigten gab es vor der Einführung des Modellvorhabens nur in Ausnahmefällen. Erst mit der flächendeckenden Umsetzung der Modellinstrumente und –formate erfüllt der LWL die BTHG-Anforderung „nicht über die Menschen zu sprechen, sondern mit den Menschen“.
Neu aufgestelltes Teilhabeplanverfahren
Mit Einführung des BTHG wurden die früheren Fachausschüsse abgelöst durch das Teilhabeplanverfahren Werkstatt. Hierüber verständigten sich die Reha-Träger in Nordrhein-Westfalen (Regionaldirektion der Agentur für Arbeit, Rentenversicherungsträger und Landschaftsverbände als Träger der Eingliederungshilfe) auf der Grundlage einer Orientierungshilfe der BAGüS in einer NRW-Rahmenvereinbarung zu einem Prozessablauf. Das Teilhabeplanverfahren wird im Großteil der Fälle auf schriftlichem Weg mit einem vereinbarten Berichtswesen durchgeführt. Um als für den Arbeitsbereich der Werkstatt häufig für einen langen über mehrere Jahrzehnte dauernden Zeitraum zuständiger Leistungsträger wahrgenommen zu werden und frühzeitig steuernd Einfluss nehmen zu können, spricht der LWL in den Modellregionen die anderen Reha-Trägern aktiv an und betreibt proaktive Beziehungspflege und Netzwerkarbeit. So ist der LWL schon frühzeitig bei der Aufnahme in das Eingangsverfahren und den Berufsbildungsbereich der WfbM beteiligt und wirkt auf die Nutzung von Erkenntnissen aus KAoA-STAR und alternativer Beschäftigungs-, Ausbildungs- und Förderangebote auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt hin.
Ganzheitliches Fallmanagement durch Formate und Prozesse
Fallbezogene und übergreifende sozialraumorientierte Austauschformate zwischen den Fachkräften aus Eingliederungshilfe und Schwerbehindertenrecht stellen einen ganzheitlichen Ansatz in der Fallbearbeitung sicher. Mit der Nutzung sozialplanerischer Ansätze und gemeinsam wahrgenommener Verantwortung für die Leistungen des LWL-Inklusionsamts Arbeit in einer Region gelingt es, alle LWL-Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben fachlich fundiert wie aus einer Hand zu erbringen.
Erfolge bei Übergängen aus der WfbM auf den allgemeinen Arbeitsmarkt
Deutlich messbar ist der Erfolg bezüglich der Zielsetzung - im Laufe der Modellzeit trotz der Corona-Pandemie – bei den erreichten Fallzahlsteigerungen bei Werkstattübergängen und –alternativen, insbesondere auch im Vergleich zu den Nicht-Modellregionen (Basisregionen). Ein Trend, der sich nach Ende der Modellzeit für das Jahr 2023 fortgesetzt hat und mit 158 Werkstattübergängen im Vergleich zu 109 im Jahr 2021 nochmals deutlich gestiegen ist.
Ein bundesweiter Vergleich der Fallzahlen aller Eingliederungshilfeträger zum Budget für Arbeit nach § 61 SGB IX zeigt, dass dies nicht vorrangig auf den allgegenwärtigen Personalmangel auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zurückgeführt werden kann. Eine Steigerung der Fallzahlen zum Budget für Arbeit ist im bundesweiten Vergleich nur vereinzelt erkennbar, der LWL ist hier deutlicher Spitzenreiter.
Bedeutung von Netzwerkarbeit
Schon früh wurde im Modellvorhaben erkannt, dass die Umsetzung der BTHG- Zielvorstellungen nach mehr Personenzentrierung, Selbstbestimmung und teilhabeorientierter Steuerung nur im Schulterschluss und in enger Zusammenarbeit mit einer Reihe von lokalen und regionalen Arbeitsmarktakteuren erreicht werden kann. Daher wurden größere Auftaktveranstaltungen und kleinere Workshop-Formate mit verschiedenen Netzwerkpartner:innen aufgelegt. Wesentliche Netzwerkpartner:innen sind
- die Mitgliedskörperschaften mit ihren Fachstellen und Jobcentern,
- die Arbeitsagenturen,
- die Rentenversicherungen,
- die Integrationsfachdienste,
- die WfbM,
- weitere Leistungserbringer,
- Arbeitgeberverbände und -vertretungen wie Kammern und Innungen.
Das LWL-Inklusionsamt Arbeit hat sich je nach Situation in den Regionen in bestehende Netzwerke eingebracht oder auch neue Strukturen und Netzwerke angestoßen. Neue Formate wie zum Beispiel das Zusammenbringen der jeweiligen in der konkreten Fallarbeit tätigen Fachkräfte von Arbeitsagenturen, Jobcentern, Fachstellen, Rentenversicherungen, Integrationsfachdiensten und des LWL-Inklusionsamtes Arbeit wurden erfolgreich und mit Mehrwert und Erkenntnisgewinn für alle Beteiligten umgesetzt.
Antwort:
Die politischen Gremien des LWL haben sich Ende des Jahres 2023 für ein Ausrollen der im Modell erprobten Handlungsansätze auf ganz Westfalen-Lippe inklusive des entsprechenden Personalaufbaus ausgesprochen. Damit bekam die neue, personenzentrierte Teilhabeplanung Arbeit den benötigten politischen Rückenwind, um sukzessive auf alle Regionen Westfalen-Lippe übertragen zu werden.
Nach der politischen Beschlussfassung kann nun der Blick auf die übrigen 21 Regionen in Westfalen-Lippe gerichtet werden. Geplant ist, auch dort sukzessive ab 2024 die erfolgreich erprobten Formate und Prozesse der personenzentrierten Teilhabeplanung Arbeit und Übergangsförderung möglichst bis Ende 2026 einzuführen.
Begonnen wurde 2024 mit der Region Nord und dem Kreis Olpe als Nachbar der Modellregion Kreis Siegen-Wittgenstein mit jeweils einer Werkstatt und für beide Regionen gleichen Kooperationspartnern bei Agentur für Arbeit und Integrationsfachdienst. Ab 2025 werden dann nach weiterem Personalaufbau insbesondere in der Teilhabeplanung und im Übergangsmanagement die weiteren Regionen Ost, Mitte und Süd folgen.
Der Fokus im Ausrollprozess liegt zunächst auf der Etablierung der vom BTHG geforderten flächendeckenden personenzentrierten Teilhabeplanung Arbeit, der Übergangförderung und der Entwicklung von regionalen Netzwerken. Dabei ist eine ausgewogene Relation von Ressourceneinsatz auf der einen und Entwicklung BTHG-gerechter Standards in der Teilhabeplanung Arbeit auf der anderen Seite zu beachten.
Weitere Schritte mit einer intensivierten Sozialraumorientierung und Umsetzung des ganzheitlichen Ansatzes durch Einbezug des Schwerbehindertenrechts und Ausweitung der personenzentrierten Teilhabeplanung auf weitere Zielgruppen werden in den nächsten Jahren folgen.
Neue Teilhabeplanung Arbeit und "BEI_NRW"
BEI_NRW ist das Bedarfsermittlungsinstrument für die Eingliederungshilfe in Nordrhein-Westfalen. Mit BEI_NRW können individuelle Teilhabebedarfe eines Menschen mit Behinderung beschrieben werden.
Die Bedarfsermittlung mit BEI_NRW orientiert sich an der Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF). Im Mittelpunkt steht immer die leistungsberechtigte Person mit ihren Wünschen und Vorstellungen. Sie wird an allen Schritten beteiligt. Die Beratungsergebnisse und konkret vereinbarte Ziele und Maßnahmen werden im BEI_NRW dokumentiert.
Interview mit Jennifer Sunder
Unter dem Motto "Arbeit zu Arbeit" richtete der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) sich früh an den Zielen der UN-BRK und dem BTHG aus. In einem konsequenten Umbau wurden die Aufgaben des Schwerbehindertenrechts und der Eingliederungshilfe im Teilhabebereich Arbeit zu einer Organisationseinheit zusammengefasst. Das LWL-Inklusionsamt Arbeit, wie es seitdem heißt, will so eine personenzentrierten Teilhabeplanung etablieren – mit dem Schwerpunkt auf Übergänge in ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis und starker Vernetzung zwischen allen Akteuren. Wir sprachen mit Jennifer Sunder (LWL) zum Projekt "Neue Teilhabeplanung Arbeit".
Ihre Ansprechpersonen im LWL-Inklusionsamt Arbeit
Sabine Rüffer
Sachbereichsleiterin, zuständig für die Regionen Bochum, Herford und Warendorf
Tel: 0251/591-6983
Jennifer Sunder
Sachbereichsleiterin, zuständig für die Regionen Hamm, Münster und Siegen-Wittgenstein
Tel: 0251/591-6987