Finanzierung von Gebärdensprachdolmetscheinsätzen im Rahmen der begleitenden Hilfe im Arbeitsleben ab dem 01.01.2026
Stand: 01.01.2026
Präambel
Die Inklusionsämter der Landschaftsverbände Rheinland und Westfalen-Lippe erbringen Geldleistungen für berufsbezogene Einsätze von qualifizierten Gebärdensprachdolmetschenden (nachfolgend GSD) gegenüber Menschen mit Hörbehinderung, die diese im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit benötigen (§ 185 SGB IX).
Alleiniger Auftraggebende der Dienstleistung ist der Arbeitgebende oder der schwerbehinderte bzw. gleichgestellte behinderte Mensch selbst. Die Inklusionsämter oder die Fachstellen für behinderte Menschen im Arbeitsleben (nachfolgend Fachstellen) finanzieren diese Dienstleistung im Rahmen ihrer Aufgaben nach dem SGB IX.
§ 1 Geltungsbereich und entgegenstehende Vereinbarungen
Die Regelung bezieht sich ausschließlich auf die seitens der Inklusionsämter oder Fachstellen nach dem SGB IX geförderten Online- und Präsenz-Einsätze von GSD im Rahmen der besonderen Regelungen zur Teilhabe schwerbehinderter Menschen und der damit zusammenhängenden begleitenden Hilfe im Arbeitsleben.
Die Regelung gilt in Nachfolge der zum 31.12.2025 durch die Kündigung des Berufsverbands der GebärdensprachdolmetscherInnen NRW beendeten Rahmenvereinbarung zwischen dem Berufsverband der GebärdensprachdolmetscherInnen NRW und den Inklusionsämtern in NRW.
Die Regelungen gelten soweit keine anderweitigen (entgegenstehenden) Einzelvereinbarungen oder Firmenvereinbarungen zwischen einem Inklusionsamt und GSD bestehen. Die hier getroffenen Regelungen finden erst nach dem Ende der jeweiligen Laufzeit von entgegenstehenden Einzel- oder Firmenvereinbarungen Anwendung. Eine Teilanwendung ist ausgeschlossen.
§ 2 Dienstleistung und Qualifikation
(1) Honoriert wird das Simultan-Dolmetschen in Online- und Präsenz-Settings zwischen deutscher Lautsprache und Deutscher Gebärdensprache (DGS) bzw. zwischen deutscher Lautsprache und lautsprachbegleitenden Gebärden (LBG). Hierbei handelt es sich um eine höchstpersönliche Dienstleistung im Sinne des § 613 BGB. Ein Wechsel in der Person der GSD ist daher mit dem Auftraggebenden rechtzeitig abzustimmen. Diese Person muss über eine gleichwertige Eignung und Qualifikation verfügen.
(2) Die Regelungen gelten für GSD, die über die persönliche Eignung und entsprechenden Qualifikationsabschlüsse verfügen, die in Anlage 1 geregelt sind.
Im Rahmen der Organisation dieser Dienstleistung sind durch das LVR-Inklusionsamt die SuKo Rheinland bzw. durch das LWL-Inklusionsamt Arbeit die SiKA als Gebärdensprach- und Schriftdolmetscherinnen- und -dolmetscher-Vermittlung tätig. Die SuKo bzw. SiKA vermittelt die Beauftragung der GSD durch die Arbeitgebenden oder die schwerbehinderten bzw. gleichgestellten behinderten Menschen. Bei den Abfragen durch beide Dienste wird unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen dem Wunsch- und Wahlrecht des Menschen mit Hörbehinderung entsprochen.
§ 3 Einsatzzeiten, Rechnung, Einsatzbestätigung und Honorar
(1) Vergütungsfähige Einsatzzeiten sind sowohl Dolmetschzeiten als auch Fahrzeiten.
(2) Die honorarpflichtigen Einsatzzeiten richten sich nach der tatsächlich erbrachten Leistung. Sollte der tatsächliche Einsatz kürzer als die gebuchte Zeit sein, wird die gebuchte Zeit vergütet. Ausfallkosten richten sich nach § 5.
(3) Dolmetsch-Dienstleistungen in Präsenz und Online werden
ab dem 01.01.2026 mit:
- 85,00 Euro je volle Zeitstunde
- 21,25 Euro je angefangene Viertel-Einsatzstunde
ab dem 01.01.2027 mit:
- 90,00 Euro je volle Zeitstunde
- 22,50 Euro je angefangene Viertel-Einsatzstunde
vergütet. Maßgeblich ist der Zeitpunkt der tatsächlichen Leistungserbringung durch die GSD unabhängig von dem Zeitpunkt der Auftragserteilung.
(4) Die notwendigen und angemessenen Fahrzeiten und Wegstrecken werden wie folgt
ab dem 01.01.2026:
| Entfernung | Vergütung |
|---|---|
| <= 25 km | 57,00 € |
| <= 50 km | 88,00 € |
| <= 100 km | 139,00 € |
| <= 150 km | 194,00 € |
| <= 200 km | 249,00 € |
| > 200 km | 295,00 € |
ab dem 01.01.2027:
| Entfernung | Vergütung |
|---|---|
| <= 25 km | 60,00 € |
| <= 50 km | 93,00 € |
| <= 100 km | 146,00 € |
| <= 150 km | 204,00 € |
| <= 200 km | 261,00 € |
| > 200 km | 309,00 € |
vergütet. Maßgeblich ist der Zeitpunkt der tatsächlichen Leistungserbringung durch die GSD unabhängig von dem Zeitpunkt der Auftragserteilung.
Die Pauschale umfasst alle Vergütungsansprüche hinsichtlich der Fahrtkosten, d.h. auch für die Fahrtzeit und Wegstrecke. Maßgeblich ist die jeweils kürzeste Strecke entweder vom Wohnort, Geschäftssitz, vorherigen Termin oder dem Sitz der Agentur/Firma, höchstens jedoch die Entfernung zwischen Sitz der Agentur/Firma und Einsatzort. Die Vergütung erfolgt nur für tatsächlich angefallene Fahrten.
(5) Sollte im Einzelfall im Rahmen des Online-Dolmetscheinsatzes ein Doppeleinsatz notwendig sein und müssen zur qualitativ besseren Verdolmetschung die Dolmetschenden die Dienstleistung an einem Ort erbringen, können Fahrtkosten zur gemeinsamen Durchführung des Dolmetscheinsatzes geltend gemacht werden. Dieses wird im Einzelfall durch die Inklusionsämter entschieden. Für in Dolmetschfirmen angestellt tätige Dolmetschende kann keine Reisezeit abgerechnet werden, da die Reise zum Dienstort nicht erstattet wird.
(6) Durch die Inklusionsämter und Fachstellen werden insbesondere
- Vor- und Nachbereitungszeiten,
- Aufschläge für den Einsatz außerhalb üblicher Geschäftszeiten wie z.B. an Sonn- und
- Feiertagen oder in den Nachtstunden oder
- Aufbaupauschalen, Lizenzgebühren, Hygienepauschalen, Technikpauschalen, technischer Support, Plattformgebühren, Einwahlzeiten
nicht erstattet.
(7) Eine gesonderte Vergütungsvereinbarung mit Auftraggeberinnen und Auftraggebern (z.B. Arbeitgeberin, Arbeitgeber) wird durch diese Regelungen nicht ausgeschlossen. Die Auftraggeberin / der Auftraggeber ist hierbei auf die fehlende Refinanzierung durch die Inklusionsämter und Fachstellen durch die GSD ausdrücklich hinzuweisen.
(8) Durchgeführte Einsätze sind von der tauben/hörbehinderten Person sowie derm abrechnenden GSD per Unterschrift oder in der App der SuKo zu bestätigen. Die Einsatzbestätigung enthält die jeweiligen tatsächlichen Einsatzzeiten des GSD. Dies gilt auch für Doppeleinsätze.
(9) Die GSD stellen ihr Honorar nach Erledigung des konkreten Auftrages den Auftraggebenden in Rechnung. Bei der Auftragsvermittlung durch SuKo oder SiKA werden die GSD über die Rechnungsanschrift der Auftraggebenden informiert. Die Rechnung für die Auftraggebenden kann an den LVR bzw. LWL zur Rechnungsbegleichung übersandt werden. Ein Einreichen der Rechnung per E-Mail als .pdf ist möglich.
§ 4 Umsatzsteuer
Sofern GSD verpflichtet sind, Umsatzsteuer abzuführen, ist die Umsatzsteuer zusätzlich erstattungsfähig. Im Hinblick auf die mögliche Umsatzsteuerbefreiung des § 4 Nr. 16 n UStG sind alle GSD gehalten, bei Vorliegen der Voraussetzungen der Umsatzsteuerbefreiung eine solche gegenüber dem für sie zuständigen Finanzamt geltend zu machen. Auf nicht steuerpflichtige Ausfallkosten sowie Entschädigungszahlungen für eine vergebliche Anreise wird keine Umsatzsteuer gezahlt.
§ 5 Ausfallkosten
(1) Die GSD erhalten im Fall der Aufhebung des Einsatztermins eine Ausfallentschädigung, wenn
- die Aufhebung nicht durch einen in der Person des Dolmetschers liegenden Grund veranlasst war,
- den GSD die Aufhebung erst am Einsatztag oder dem vorhergehenden Werktag (als solche gelten auch Aufhebungen, die zwei Werktage vor dem Einsatztag erst nach 17:00 Uhr erfolgen) mitgeteilt worden ist und
- es zu einem Einkommensverlust gekommen ist und trotz der unverzüglichen Anfrage durch die GSD bei der SuKo bzw. SiKA kein Ersatztermin vermittelt werden konnte. Die Vergütung aus Ersatzaufträgen wird angerechnet.
(2) Die Ausfallentschädigung wird für die Dauer des Einsatztermins, jedoch höchstens bis zu einem Betrag gewährt, der dem Honorar (§ 3 Abs. 3) von 5 Stunden entspricht. Bei mehrtägigen Einsätzen an aufeinanderfolgenden Tagen wird diese Ausfallentschädigung maximal für den ersten und zweiten Einsatztag gezahlt. Tatsächlich am Termintag bereits entstandene notwendige Fahrtkosten werden nach den Bestimmungen gem. § 3 Abs. 4 gezahlt.
(3) Eine Absage ist vom GSD mit Datum, Uhrzeit und Name des Absagenden zu dokumentieren. Dieser Nachweis ist der Rechnung beizufügen.
(4) Bei Ausfällen von Doppeleinsätzen müssen sich beide GSD, die einzeln abrechnen, bei der SiKA/ SuKo für einen Ersatztermin melden.
(5) Im Falle einer Verhinderung ihrerseits melden GSD dies unverzüglich bei dem Auftraggebenden, bei der Suko bzw. der SiKA per Email und versuchen für gleichwertigen Ersatz zu sorgen. In diesem Fall entsteht kein Anspruch auf Ausfallkosten.
§ 6 Doppeleinsatz
Mit vorheriger Zustimmung des Inklusionsamtes sind GSD berechtigt, den Einsatz mit einer Co-Dolmetscherin bzw. einem Co-Dolmetscher durchzuführen, wenn die folgenden Kriterien zutreffen:
- Die Dolmetschzeit dauert zusammenhängend länger als 60 Minuten und es besteht keine Möglichkeit zur Steuerung von Pausen / Unterbrechungen durch GSD oder
- an dem zu dolmetschenden Gespräch nehmen vier oder mehr Gesprächsteilnehmende (ohne GSD) teil oder
- Dolmetschen bei inner- wie außerbetrieblichen Aus- bzw. Fortbildungsmaßnahmen und Lehrgängen mit einem Theorieanteil von mehr als 50 % oder
- mündliche Prüfungen oder
- Betriebsversammlungen (unabhängig von der Dauer).
Dabei ist eine Gesamtwürdigung der Kriterien unter besonderer Berücksichtigung der voraussichtlichen Dauer der Dolmetschzeit vorzunehmen.
§ 7 Ausschreibung eines Auftrages durch SuKo und SiKA
Die SuKo / SiKA weist den jeweiligen Auftraggebenden bei der Auftragsvermittlung darauf hin, dass er/sie seine verbindliche Rechnungsanschrift anzugeben hat.
§ 8 Berufs- und Ehrenordnung
Für die Arbeit der GSD findet die Berufs- und Ehrenordnung der Dolmetscherinnen und Dolmetscher bzw. der Übersetzerinnen und Übersetzer des Berufsverbandes der GebärdensprachdolmetscherInnen Deutschlands e.V. (www.bgsd.de) Anwendung.
§ 9 Geheimhaltungspflicht
Den GSD obliegt die Geheimhaltungspflicht (Sozial-, Betriebs- und Geschäftsgeheimnis) im Sinne der §§ 213 SGB IX, 35 SGB I.
§ 10 Verwaltungsregelung zu Online-Dolmetsch-Einsätzen
Diese Regelung ersetzt die Verwaltungsregelung zu Online-Dolmetsch-Einsätzen für die hier geregelten Einsätze der GSD. Diese neue Regelung gilt ab dem 01.01.2026 - maßgeblich ist der Zeitpunkt der tatsächlichen Leistungserbringung durch die GSD.
§ 11 Inkrafttreten
Diese Regelung tritt am 01.01.2026 in Kraft und ersetzt die bisherige Rahmenvereinbarung. Die Inhalte noch fortbestehender Einzel- und Firmenvereinbarungen bleiben unberührt.
Anlage 1
Als Qualifizierungsnachweis für Gebärdensprachdolmetschende werden anerkannt:
a) staatl. Anerkennung (Darmstadt/ München)
b) ein abgeschlossenes Studium (Diplom, Bachelor, Master) an einer der genannten Universitäten erworben hat:
aa) Universität Hamburg
bb) Humboldt-Universität Berlin
cc) Westsächsische Hochschule Zwickau
dd) Hochschule Magdeburg-Stendal
ee) Universität zu Köln
ff) Pädagogische Hochschule Heidelberg
gg) Hochschule für angewandte Wissenschaften Landshut
hh) Fresenius Hochschule Idstein
c) IHK-geprüfte GSD (IHK Düsseldorf)